“Personalisierte Ernährung”: Wie sieht die Ernährung der Zukunft aus?

“Personalisierte Ernährung”: Wie sieht die Ernährung der Zukunft aus?

Am 12. September 2018 habe ich in Lübeck an dem spannenden Innovationsgipfel Newtrition X. 2018 zum Thema: „Personalisierte Ernährung“ teilgenommen.
Der Veranstalter FoodRegio hat dazu viele namenhafte Experten aus den Bereichen Ernährung, Forschung, Medizin, Lebensmittelindustrie und Gastronomie eingeladen, um über die neusten Ergebnisse aktueller Ernährungsstudien zu berichten.
Ich möchte heute die wichtigsten Erkenntnisse aller Referenten dieser sehr interessanten Veranstaltung für euch zusammenfassen.

Newtrition X. 2018: Programm

Die Ernährungswissenschaft

Nicht ganz zu Unrecht sinkt das Vertrauen in die Ernährungsforschung zunehmend. Die ständigen neuen, sich häufig widersprechenden Ernährungsempfehlungen in den letzten Jahrzehnten haben zu einer starken Verunsicherung der Bevölkerung in Bezug auf die „richtige“ Ernährung beigetragen.
Zum Beispiel ist die (wie man heute weiß“ völlig unbegründete) „Fettphobie“, wie auch viele andere Ernährungspostulate durch bewusst oder unbewusst falsch ausgewertete Statistiken entstanden. Wir alle wissen, dass Statistiken unterschiedlich interpretierbar sind und sie stellen auch keine Forschung im eigentlichen Sinne dar!
“Die menschliche Ernährung ist aber so komplex, dass sie eigentlich nicht messbar ist!”
Viele Studien werden zudem im Auftrag bestimmter Unternehmen durchgeführt und die Neutralität dieser Auswertungen bleibt deshalb fraglich.
Außerdem ist die Kommunikation und der kritische Austausch untereinander in der Ernährungsforschung stark verbesserungsbedürftig.

Im Hinblick auf eine zukünftige „personalisierte Ernährung“, mit der Berücksichtigung der individuellen Ziele und Bedürfnisse des Einzelnen, sind folgende Resultate, Empfehlungen und Möglichkeiten anerkannt oder haben sich auch nicht bewährt:

  1. Eine „mediterrane Kost“ mit viel hochwertigem Olivenöl, Gemüse, Fleisch, Fisch, MilchproduktenNüssen etc., zeigt statistisch ein etwas! verringertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  2. DNA- (genetisch) basierte Ernährungsempfehlungen stehen stark unter Beschuss, weil die Objektivität solcher Analysen durch den Verkauf der meist eigenen, teuren Produkte sehr fraglich ist. Die Erfolge der Genomforschung bezüglich der Bekämpfung von Übergewicht sind zudem sehr dürftig.
  3. Eine Ernährung gemäß dem Einfluss der Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel ist ebenfalls nicht empfehlenswert, weil der Blutzuckeranstieg individuell sehr unterschiedlich ausfallen kann.
  4. Auf dem Gebiet der personalisierten Ernährung sind noch keine ausreichenden Daten und Studien vorhanden und es besteht deshalb viel Forschungsbedarf, wobei der gesundheitliche Nutzen begrenzt und überschaubar zu sein scheint.
  5. Oftmals stehen die ökonomischen Interessen von Ernährungsstudien im Vordergrund.
  6. Die Zahl der Ãœbergewichtigen nimmt stetig zu.
  7. Die Erfolge unterschiedlicher Diätenformen können, aufgrund der schwer kontrollierbaren Mitarbeit der Probanden, statistisch nur vage ausgewertet und verglichen werden.
  8. Mangelzustände bestimmter Nährstoffe bei der Bevölkerung sind aber eindeutig nachweisbar.

Fazit Nr. 1:
Die Schlussfolgerungen der Ernährungswissenschaft sind unzuverlässig und nicht allgemeingültig!

Die Herausforderungen

Das Ernährungsbewusstsein und die Aufklärung der Verbraucher steigt. Während es der Lebensmittelindustrie früher nur um die Herstellung preiswerter und besonders schmackhafter Produkte ging, stehen mehr und mehr die Qualität der Produkte im Vordergrund, der gesundheitliche und präventive Nutzen, sowie die individuellen Bedürfnisse der Verbraucher!
Dass die “richtige” Ernährung einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit und das Wohlbefinden hat, ist nachweisbar!

Daneben ist die ausreichende Versorgung der schnell wachsenden Weltbevölkerung eine große Herausforderung und eine kaum mehr zu bewältigende Aufgabe.

Eine zunehmend älter werdende Gesellschaft hat zudem andere Ernährungsanforderungen und möchte auch in hohem Alter „sowohl physisch, als auch psychisch autonom sein!“. Die Prävention der wachsenden Zahl ernährungsbedingter Krankheiten steht verstärkt im Fokus der Ernährungsforschung und damit auch der Lebensmittelindustrie.

Aber leider stellt auch die „Überernährung“ und ihre gesundheitlichen Folgen (Adipositas, metabolisches Syndrom, Insulinresistenz, Diabetes,….) ein großes Problem dar.

Bei all diesen Herausforderungen steht die Nahrungsmittelindustrie in der Verantwortung! Zuviel Zucker, Salz und Industrie- Fette wurden bisher den Lebensmitteln zugefügt, um Produkte schmackhafter und länger haltbar zu machen!

Fazit Nr. 2: 
Die Aufgabe der Zukunft ist es, den positiven Einfluss der Ernährung in Bezug auf die Prävention und Behandlung von bestimmten Erkrankungen auszunutzen und zu berücksichtigen!

Newtrition X. 2018: Präsentation

Möglichkeiten einer personalisierten Ernährung

Bisher hat man die Gene für die unterschiedlichen Stoffwechseltypen verantwortlich gemacht. Heute weiß man, dass auch die Zusammensetzung der Darmbakterien für das individuelle Stoffwechselverhalten eine große Rolle spielt und für unsere Gesundheit, b.z.w. für die Entstehung verschiedener Krankheiten (Diabetes, Krebs) und Fettleibigkeit! mitverantwortlich ist. Bakterien sind vor allem für die Verdauung unserer Nahrung und für ein intaktes Immunsystem wichtig. Die Zusammensetzung der Nahrung hat wiederum großen Einfluss auf die Beschaffenheit unserer Darmflora. Auch hier steckt die Forschung noch in den Anfängen!

Eine weite mögliche Messgröße ist die Höhe und die Schnelligkeit des Blutzuckeranstieges nach den Mahlzeiten. Interessanterweise kann das, bisher als empfehlenswert geltende, Vollkornbrot bei manchen Individuen den Blutzucker rapide in die Höhe treiben, während das verpönte Weißbrot beim gleichen Probanden eine nur flache und langsam ansteigende Blutzuckerkurve zeigt!?

Die Forschungen von Prof. Sina und seinem Team an der Universität Lübeck weisen auf unterschiedliche Stoffwechseltypen hin, die sich auch in der Zusammensetzung der Darmflora unterscheiden. So gibt es Menschen die Kohlenhydrate gut verarbeiten können und umgekehrt! Auch die Anreicherung einer „Zucker“-haltigen Mahlzeit mit Fett und Eiweißanteilen verändert die Verträglichkeit in Bezug zum Blutzuckerspiegel.

Die unterschiedlichen Ergebnisse der aktuelle Studienlage zeigen, dass keine generalisierten Ernährungsempfehlungen möglich und sinnvoll sind. Wir alle reagieren unterschiedlich auf die verschiedenen Lebensmittel und Nährstoffe und verstoffwechseln sie ganz individuell.

Auf der Seite www.millionfriends.de (bezieht sich auf unsere große Anzahl von Darmbakterien) kann man ein Testpaket bestellen, mit dem 14 Tage lang der Gewebezuckerspiegel gemessen wird. In Verbindung mit der Auswertung eines Ernährungsprotokolls und einer Darmflora- und Stoffwechselanlayse werden dann individuelle Ernährungsempfehlungen möglich.
Ich habe mir natürlich einen Test bestellt und werde demnächst berichten!

Aber auch die Darmflora ändert sich ständig, so dass eine langfristige personalisierte Ernährung einer fortwährenden Betreuung und Nachprüfung bedarf.

Fazit Nr. 3:
Wir alle reagieren unterschiedlich auf Lebensmittel und verstoffwechseln unsere Nahrung individuell!

Zusammenfassung

Unabhängig von der Glaubwürdigkeit und Gegensätzlichkeit, sind die meisten Ernährungsempfehlungen auf den Einzelnen nicht anwendbar. Die Möglichkeiten zu einer individuell angepassten und personalisierten Ernährung sind noch sehr schwierig und der Forschungsbedarf auf diesem Gebiet ist groß. Nicht nur die Lebensmittelindustrie und Wissenschaft, sondern auch der Verbraucher selbst, steht in der Verantwortung. Sich informieren, in sich hineinhorchen und achtsam sein, das sind zur Zeit die besten Mittel, um herauszufinden welche Nahrungsmittel einem gut tun und welche das Wohlbefinden stören.

Fazit Nr. 4:
Eine personalisierte Ernährung erreicht man am besten durch Selbstbeobachtung!
Nicht das was sie Wissenschaft uns sagt, sondern wie man sich nach dem Essen fühlt ist wichtig!

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